Wenn man nur einen Link auf Facebook teilen will und einen mentalen Striptease hinlegt

Eigentlich wollte ich auf meinen privaten Facebook-Profil nur den Link zu den Blog-Einträgen über die Hochzeit teilen. Dann wollte ich sie aber nicht ohne jede Erklärung posten, weil es Menschen bei Facebook gibt, die nichts von meinen Erkrankungen wissen, bzw jetzt wussten. Und plötzlich kam ein Kilometerlanger Text bei herum, den ich euch auch posten mag.

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Was ich tue; was ich über mich preisgebe und mit wem ich, wann und wo kommuniziere, haben ja noch nie so wahnsinnig viele Leute verstanden. Doch wie brachte es meine beste Freundin mal vor gar nicht so allzu langer Zeit auf den Punkt?

„Ich würde es nicht so tun wie du, aber solange es dir hilft und du dich gut damit fühlst, ist doch alles gut.“

Was auf Instagram seit Jahren so normal für mich ist, weil dort irgendwie noch eine gewisse Anonymität besteht, obwohl viele aus meinem privaten und beruflichen Umfeld dort mein Profil gefunden und abonniert haben, ist auf Facebook immer noch irgendwie eine Hürde. Weiß ich hier doch, dass es wirklich nur Freunde, Arbeitskollegen und gute Bekannte sehen können. Doch irgendwie mag ich euch nicht außen vorhalten. Auch hier soll die offene und ehrliche Marie ihren Klartext sprechen… so wie sie es seit Jahren schon auf Instagram tut und seit der Corona-Krise auch wieder in Form eines Blogs.

Warum ich das tue? Ich muss die Gedanken aus meinem Kopf rauslassen, dass habe ich in den über 13 Jahren gelernt, die ich nun mit meinen psychischen Erkrankungen lebe. Tue ich es nicht, fresse ich sie solange in mich hinein, bis ich zusammenbreche und aufgebe. Meine Gedanken und Gefühle habe ich schon vor vielen Jahren in Form vom Musik machen ausgelassen. Seit mittlerweile sechs Jahren schreibe ich auf Instagram über mein Leben, habe in der Zwischenzeit zwei Blogs gehabt und veröffentlichte hin und wieder Videos über mich und mein Leben, auf YouTube.

Doch nicht nur ist es eine Art Selbsttherapie, nachdem in all den Jahren zwei Klinikaufenthalte und die etlichen Versuche ambulante Therapien zu bekommen, grandios gescheitert sind. Es ist auch eine Art von Aufklärungsarbeit. Als ich vor 13 Jahren gemobbt wurde, hatte ich nicht die Möglichkeit nach Erfahrungsberichten zu googeln. Als ich das erste Mal in die Klinik kam, haben viele, heute erfolgreiche, YouTuber noch nicht mal ihre Channels eröffnet gehabt. Es war eine Zeit, da konnte man Mutti und Vati um Rat fragen, hätte man ein gutes Verhältnis gehabt. Freunde konnten ihre Meinung kund tun, doch wirklich helfen konnte einem niemand, weil die wenigsten das erlebt haben, was ich durchlebt habe.

Heute sind Millionen von Menschen auf Plattformen wie YouTube, Instagram, Twitter, etc unterwegs. Unter diesen Millionen von Menschen sind vor allem viele der jüngeren Generationen vertreten. Viele tippen heute bei einer Plattform ihrer Wahl, das Thema ein, das sie brennend interessiert. Die erste Liebe, Mobbing, Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, aber eben auch Essstörungen, Depressionen, Svv, … werden gesucht. Zum großen Teil um Erfahrungsberichte zu bekommen und zu sehen, wie andere Betroffene mit den Erkrankungen und Problemen leben. Ob es einen Weg aus der Dunkelheit gibt.

Hier kommen wir ins Spiel. Wir, die Menschen, die diesen Weg schon gegangen sind. Die in den dunkelsten Ecken des Lebens saßen, mit dem Rücken zur Wand und die kein Licht gesehen haben. Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn man mit seinem Leben abgeschlossen hat. Und wir wissen auch, wie hart der Weg aus dieser Dunkelheit ist. Wie viele Versuche man braucht, aufzustehen und die Tür zu suchen, die aus der Dunkelheit führt. Wir können davon berichten. Über den steinigen, aber gehbaren Weg, von dem leider viel zu viele Menschen nicht mehr erzählen können, weil sie ihn in der Dunkelheit nicht gefunden haben. Wir können aufklären. Heute mehr denn je zuvor.

Ich habe die Hochzeit meines Bruders überlebt. Dazu gab es im Vorfeld, am Tag danach und mit zwei Tagen Abstand Blog-Einträge. Einer fehlt noch, der über den zweiten Hochzeitstag. Und das Gefühl alles in einem YouTube-Video zu erzählen, für die, die lese faul sind, wird größer. Wahrscheinlich kann man sich das lesen also sparen und einfach noch ein paar Monate warten, bis das passende Video kommt.

https://kleinekaeferin.blog/2020/07/25/warum-ich-familie-hasse-und-wie-schnell-ich-in-panik-verfalle/

https://kleinekaeferin.blog/2020/08/01/die-hochzeit-meines-bruders-und-wieso-ich-eine-woche-vorher-schon-panikattacken-bekomme/

https://kleinekaeferin.blog/2020/08/09/wie-ich-die-hochzeit-meines-bruder-ueberlebt-habe-tag-1-2/

https://kleinekaeferin.blog/2020/08/10/brief-an-meine-schwaegerin/

https://kleinekaeferin.blog/2020/08/10/brief-an-meinen-bruder/

Fühlt euch frei, euch durch den Blog zu lesen, auf Instagram zu den nicht-anonym-Anonymen zu gehören, Twitter mal anzuheizen, oder meine YouTube-Videos zu schauen, weil ihr keinen Bock auf‘s lesen habt. 😉 Verlinkt ist alles im Blog!

Und falls es unter euch Leute gibt, die bisher nicht offen über ihre Probleme geredet haben: Glaubt mir, dass wird mit der Zeit immer einfacher. Man muss nur den Anfang machen und es einmal aussprechen. Von da an wird es immer einfacher über die Jahre.

Veröffentlicht von Kleinekaeferin

28. Freiberuflich im Zirkus unterwegs und über die Hälfte ihres Lebens psychisch erkrankt. Bedingt durch das Jahr 2020 geht es vor allem um Corona, meine Endometriose-Diagnose und alles, was sonst so passiert ist. Alle Gedankengänge, die für Instagram zu lang sind, kommen in Zukunft hier hin.

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